Das junge Streichorchester Intonation meistert gut gelaunt Stücke englischer und irischer Komponisten
Von Gertrud AdlassnigEine Stunde beglückenden Musikgenusses bescherte das Jugendstreichorchester Intonation seinen Zuhörern am Sonntagnachmittag in der Reisensburger Kirche. Trotz des endlich angekommenen Sommers fanden sich zahlreiche Konzertbesucher ein, die mit virtuos interpretierter Musik von den Britischen Inseln und Irland belohnt wurden: Englischer Barock und irisches Volkslied, Werke englischer und irischer Komponisten, aber auch des Chinesen Wei Guo Mao, dem Leiter des Nachwuchsorchesters, standen auf dem Programm.
Dem 15-köpfigen Streichorchester hört man das jugendliche Alter (zwischen zehn und 40 Jahren) wahrlich nicht an. Gekonnt souverän meisterte es alle Herausforderungen, die von Henry Purcell und Thomas Moore, von Howard Shore und vom Orchesterleiter Mao, von dem drei der acht Konzertstücke stammten, an die Interpreten ihrer Stücke gestellt werden.
Mit Manuel und Mario Mößlang verfügt Intonation über zwei meisterhafte Streicher, die mit grandiosen Soli in die beiden Konzertteile einstimmten. Auch in weiteren Stücken stellten sie in Soloparts, teils gemeinsam, teils allein, teils im kongenialen Duo mit Mao ihre Konzertbefähigung unter Beweis. Doch auch das Orchester verstand zu begeistern, konnte die schnellen Wechsel der Klangfarben und der Tempi spielend bewältigen. Wei Guo Mao nahm mit seinen Musikern die Zuhörer mit auf eine intensive Hörreise über die Britischen Inseln: Feierliche Idylle über Irlands Grün stellte sich ein bei Thomas Moores „The Minstrel Boy“, der auf einer Klangwolke zu segeln schien, während die neun Sätze aus Henry Purcells „Abdelazer Suite“ einen Einblick in die kompositorische Vielfalt des ausgehenden 17. Jahrhunderts gewährte.
Mit Howard Shore machte Mao in der zweiten Konzerthälfte einen Sprung in die Gegenwart. Hatte er bereits im ersten Teil einen selbst komponierten irischen Tanz im Programm, gehörte der zweite in den Konzertteil der Jetztzeit: Von dem mit seinen Filmmusiken einer breiten Öffentlichkeit bekannt gewordene kanadische Komponist Shore stammt auch die Musik zu „Hobbits“. In Reisensburg ließen Wei Guo Mao und Manuel Mößlang die Geigen in einem hinreißenden, von klangvollem Pizzicato begleiteten Duett singen und die Zuhörer dahinschmelzen. Globalisierung total brachten die beiden letzten Stücke: Irische Melodien und Folklore, neu interpretiert von einem chinesischen Komponisten und wiedergegeben von einem schwäbischen Jugendstreichorchester: Schöner kann Internationalität kaum sein. Dem begeisterten Publikum servierten die gut gelaunten Streicher noch eine gelungene Zugabe.
Das Jugendstreichorchester Intonation zeigt auf dem Weg „Vom Barock zur Romantik“ ihr musikalisch vielsaitiges Können
Von Helmut Kircher„Und der Himmel hängt voller Geigen?“ Schon lange nicht mehr. Eher könnte man diese Art von Instrumenten als Relikt aus vergangener Zeit bezeichnen. An Gymnasien, auch an musischen, bereits weitgehend ausgestorben. Ja selbst an Musikschulen sind es mehr die Gitarren oder bigband-befähigten Blasinstrumente, die das Sagen haben. In jugendlicher Orchesterform haben sie sich nur sporadisch in unsere Zeit megawattverstärkter Klangbeschallung hinübergerettet. So konnte das einzige Jugendstreichorchester der Region dank des unermüdlichen Einsatzes ihres Leiters, Geigenlehrers, Komponisten und Dirigenten Wei Guo Mao seinen Status der Einzigartigkeit beibehalten. Um ihn, gewöhnlich ein Mal im Jahr, mit einem anspruchsvoll unterhaltsamen Sonntagnachmittagskonzert in der evangelischen Auferstehungskirche Günzburg unter Beweis zu stellen.
Was allein schon erstaunte: Nicht weniger als drei Geschwisterpaare konnten sich als Solisten innerhalb der rund 20-köpfigen Orchesterbesetzung beweisen. Marie und Lilli Kugler eröffneten, spielten sich mit zarten Tupfern und fein aufeinander abgestimmten Lasuren durch den musikalischen Anspruch von Maestro Maos Eigenkomposition, bearbeitet für die Geschwisterinstrumente Violine und Cello.
Nicht weniger schöne Bögen wölbte Lilly, mit Cellokollegin Tabea Hitzler und ihrer Schwester Jana am Klavier, in der Romanze eines prachtvoll über den See gleitenden weißen Wasservogels, den berühmtesten Schwan der Musikliteratur, aus Camille Saint-Saëns „Karneval der Tiere“. Mit Piotr Tschaikowskys, von Geigentönen umschmeichelter, gehobener Salonmusik seines „Chanson Triste“, ließ Anna Hieber ihr Cello Wogen der Traurigkeit und unendlicher Melancholie verströmen. In orchestralem Tutti, vom mitgeigenden Dirigenten verstärkt, wurden mit breitem Klangpinsel die Divertissements der Ouvertüre zu Glucks „Iphigenie in Aulis“ gemalt, wurde in schwelgerischen Tönen Boccherinis weltberühmtes „Menuett“ mit nostalgischem Flair und forschem Tempo zum Fast-Food-Zuckerl, zur höchst erfrischenden Barockserenade im Romantiksound.
Lesen Sie jetzt: Die heutige Ausgabe Ihrer Tageszeitung als E-Paper.Ein echtes Wagnis dann Bachs kontrapunktisch dichtes Satzgefüge im d-Moll Doppelkonzert für zwei Violinen (BWV 1043), das – von Mao technisch entschärft – des von allen geleisteten, wochenlangen Probeneinsatzes durchaus gerecht wurde. Erstaunlich das Ausdrucksniveau des Orchesters in der Auseinandersetzung mit kantigen Fugenexpositionen, perlenden Triolen- und Achtelketten. Präzise verwoben im idealen Gleichgewicht mit den satzweise wechselnden Solisten. Flüssig, im innigen Zwiegespräch über Sechzehntelfiguren hinweg, Carolin Hanika und Marie Kugler im beginnenden Vivace-Satz. Abgeklärt und weit ausschwingend der schwebende Rhythmus, den Frieda Zielinski und Sofia Staudacher in das berühmte Largo einbrachten. Manuel und Mario Mößlang brillierten, routiniert und mit technischer Bravour, im dramatisch stürmischen Kontrast des finalen Allegro-Satzes. Setzten ihn brillant und schnittig in Szene.
„Eine kleine Nachtmusik“, Wolferl Mozarts Heiterkeit sprühende und herzbewegende Bravournummer von Weltkulturerbe-Format, war das schmusigste Schmankerl im Serenadenmodus. Kultivierte Coolness, die alle Farben der Rokoko-Romantik zum Glänzen brachte und jegliche Sehnsucht nach jeglichen Gefühlen dauerhaft wach hielt. Bis zu Franz Schuberts abschließendem Militärmarsch, bearbeitet für Streichorchester.
Ohne Pauken, ohne Trompeten! Geht das denn? Geht, solange der Marsch nicht auf preußisch gedrillte, zackig aufmarschierende Paradetruppe abzielt, sondern mehr auf fröhlich Wiener Walzer im Zweivierteltakt tänzelndes Soldatenballett. Ein tröstliches Gebaren. Mit lang anhaltendem, stehenden Beifall belohnt.
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